Samstag, 4. Oktober 2008

Sinnkrisen im Saustall

Beleidigte Fluchten ins Proletariat sind auch keine Lösung

„Was machst du gerade?“
„Abkratzen.“
„So schlimm?“
„Nein, Tapeten! Du, ich kann nicht lange reden, ich muss nachher den Saustall ausräumen.“

So ging ein jüngst selbst belauschtes Telefonat zwischen einem Hobbydichter und einer Berufstexterin. Letztere imaginieren Sie sich bitte in einem nagelneuen Blaumann steckend, der eher eine Scheinschwangerschaft vermittelt als eine professionelle Arbeitseinstellung.

Couture aus dem Lagerhaus? Nicht nur modisch muss ich hier die Peitsche des Tadels schnalzen lassen. Sie klatscht all jenen Intellektuellen auf den breitgesessenen Hintern, die es nicht gebacken kriegen, dass ihr berufliches Wirken die Welt um keinen Deut verbessert hat. „Ich schreib’ mir die Finger wund, und das Volk verwählt sich schon wieder!“ heulen sie.

Beleidigt suchen sie Trost und Sinn in ehrlicher Hände Arbeit. Ihre Hände sind aber nicht ehrlich. Sie missbrauchen die physische Arbeit. Wenn sie wehrlose Mostbirnbäume umhacken und Bauernhöfe dekonstruieren, dann ist das nichts anderes als Angeberei. Der Eifer gerinnt zur Pose, der Fleiß zur Anbiederung an das zuvor geschmähte Proletariat.

Liebe Gscheitln und Stadtmäuse, lasst euch nicht vom Saustall im eigenen Leben in einen realen Schweinekoben führen. Zieht den Blaumann wieder aus. Schon Brecht machte sich mit seinen maßgeschneiderten Arbeiterkleidern lächerlich, das müsst ihr nicht wiederholen. Geht zurück zu euren Computern und schreibt dem Volk Kolumnen, in denen ihr es in klaren Worten für sein Wahlverhalten schimpft und tadelt.

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