Samstag, 26. Juli 2008

Vom Segen der Eremitage

Schönes gibt es von Zuhause zu berichten, geliebte Leserschar! Wie Sie vielleicht noch wissen (ich bin Ihnen nicht hab, falls nicht), bin ich ja beruflich Tyrannin meiner selbst. Die Pein durch meinen schlechten Umgang mit der neu gewonnenen Freiheit ist Wort geworden, und es ist als Kolumne unter uns gewesen.

Dann die Revolution! Oder besser: der Zwergerlaufstand. Seither bin ich vom Arbeitsplatz nicht mehr zu trennen. Großer Segen liegt auf dem Rückzug ins eigene Turmstübchen.

In allem Herrgottsmittag pendle ich vom Bett zwei Meter ins Büro – die Umwelt dankt!
Interviews erledige ich telefonisch in der ballonseidenen Joggingdress – das Konto blüht auf!
Gegessen wir das alte Zeug aus dem hintersten Kredenzwinkel – die Dritte Welt wird satt!
Das Klettertrainig erledigt sich an der Klimmzugstange – die Krankenkasse jauchzt!
In splendider Isolation rattert es unbeschwert im Hirn – die Kolumne wird voll!
Mangels Ärger brauche ich kein Bier mehr – das Wohlstandswimmerl schmilzt!

Dabei bleibe ich top-informiert und sozialisiert: Auf dem Bildschirm prangt nun so ein Kastl, das mir immer verrät, wie kalt es draußen ist. Das emotionale Humankapital (umgs.: „Freunde“) verwalte ich durch segnende Worte per Mail.

Apropos: Jetzt habe ich endlich Zeit, die kilometerlange Liste Ihrer Beschwerden abzuarbeiten! Immer nur her damit:
meindldominika@yahoo.de

Donnerstag, 10. Juli 2008

Unterdrückung ist gar nicht so schlecht

Meine neue Chefin ist eine Niete
Jetzt ist es passiert: Ich habe die Beherrschung verloren. Will heißen: Diese Zeilen sind ab heute freischaffenden Fingern entsogen. Die neue Chefin hat ihr Büro zwischen meinen beiden Ohren.
Leider ist sie eine komplette Niete. Mangelnde Führungsqualität Hilfsausdruck. Sie führt mich höchstens in Versuchung: Also oft ins Freibad, öfter zum Kühlschrank und am öftesten zum Wirten.

Das ist naturgemäß fatal für Budget und vor allem Sendungsbewusstsein. Anstatt allerhand Meinungen abzusondern und durch strenge Anweisungen die Welt zu verbessern, sitze ich auf Gras/Küchenstuhl/Bierbank und verschiebe auf übermorgen, was morgen zu erledigen wäre.

Will ich tatsächlich schreiben, verfalle ich sogleich in völlig sinnlose Geschäftigkeit. Rund um mich erstrahlen geputzte Fenster, entlauste Topfpflanzen und überflüssige Fachexkursionen: „Busy doing nothing“ nennt der Fachmann so einen schweren Fall von Aufschieberitis (die wiederum als „Procrastination“ zu wissenschaftlichen Ehren gekommen ist). Sehen Sie?

Selbst für seine Leistung verantwortlich zu sein, ist eine arge Bürde. Am eigenen Leib erlebe ich, dass der Mensch mit Freiheit nicht umgehen kann. Was also tun? Schizophren werden und gegen die neue Chefin rebellieren? Alte Vorgesetzte bitten, mich anzurufen und mit der Peitsche zu knallen?
Und jetzt kommen auch noch Sie daher und wollen eine Lösung oder zumindest eine Schlusspointe? Jetzt reicht’s! Ich kündige! Zumindest für die nächsten zwei Wochen.