Samstag, 9. August 2008

Entschleunigung durch das Böse

Ödes und Blödes verleihen dem Leben Dauer

Ein lieber Mensch klagte mich jüngst fäusteschüttelnd und bartraufend an: „Du blödes Gscheitl predigst immer, dass alles vergeht. Aber warum hört die depperte Arbeit nie auf? Wieso vergeht das Ungute nicht?!“

Der Arbeit und der Unbill gleich, blieb ich hocken, Fäusten und Anklagen ausweichend. Dann hub ich zu einer kleinen Predigt an, die ich auch Ihnen nun aufnötige: Nicht die Zeit vergeht, wir vergehen. Besonders unvergänglich ist alles Öde und Blöde, doch es zögert unseren Tod hinaus. Wie das?

Mehr als tausend Jahre meines Lebens habe ich schon beim Zahnarzt, im Liegestütz, im Gespräch mit Toren und Narren verbracht. Die Meindl-Schulzeit dauerte subjektiv länger als die Mindl-Eiszeit (an dieser Stelle ein bisschen fades Randwissen: 475.000 Jahre in echt). Als einmal drei Tage lang zwei Schläuche in meinem Knie staken, alterte ich um eine Generation. Wenn ich daran denke, wie oft ich mir in meinem Leben noch die Zähne putzen muss, möchte ich sogleich tot umfallen.

Verständlich das eingangs erwähnte greinende „J’accuse!“ des Mitmenschen.
Großer Sinn waltet aber im Öden und Blöden. Ohne diese grässlichen Zeitstaustufen würde sonst das Leben wie ein Sturzbach des Glücks an uns vorbeirauschen. Wir müssten dem bunten Treiben zuerst atem-, bald aber leblos hinterher blicken.

Nun ist schon wieder ein wenig Zeit vergangen. Wenn ich meine Sache gut gemacht habe, haben Sie sich entsetzlich gelangweilt.
Seien Sie mir gefälligst dankbar!

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