Unser
Deutschlehrer, eigentlich ein gutmütiger Mensch, geriet einst mitten
in der Stunde in Panik. „Ich fürchte die Chinesen!“ rief er laut
und ließ uns, die wir über unsere Hefte gebeugt waren,
hochschrecken. „Ja schaut nur! Jetzt haltet ihr mich für
wahnsinnig, aber ich weiß es: Die Chinesen kommen!“ Ich war
betroffen.
Allerdings nicht inhaltlich: Mir konnte er damals schon
mit seinem „Jeder fünfte Mensch kommt als Chinese zur Welt!“
keine Panik machen. Zumal ich der fünfte Mensch in meiner Familie
bin. Und tatsächlich im Gegensatz zum Familienrest ganz schmale
Augen habe und Backenknochen so breit wie die Wüste Gobi; im Sommer
werde ich nicht braun, sondern rotgelb. Ein befreundeter
Hobbyethnologe meint, es sei wohl einst ein Hunne nicht spurlos an
einer Ahnin vorbeigeritten. Das habe einige Generationen übersprungen
und mendle sich bei mir jetzt heraus.
Ich habe
keine Angst vor den Chinesen, und Sie sollten es auch nicht haben.
Weil warum? Erstens wird es den autochthonen Chinesen hoffentlich
bald zu blöd, sich von diesen turbokapitalistisch agierenden
Pseudo-Kommunisten weiter derart gängeln zu lassen. Bald essen sie
Pommes mit Majo, statt Kommunismus mit Mao zu lesen. Zweitens wäre
endlich mit dem ätzenden Rassismus und Antisemitismus aufgeräumt,
wenn wir alle pro forma Chinesen würden. Drittens: Erinnern Sie sich
an Hallstatt! Das wurde ja soeben per Copy&Paste-Verfahren in der
Provinz Guangdong verdoppelt. So werden die Perlen unserer Kultur
konserviert. Bravo!
Übrigens
wäre ich den Chinesen überhaupt nicht gram, kämen sie auf die
Idee, mich millimetergenau auszumessen, zu klonen und meine Kopie als
erste, demokratisch gewählte Präsidentin der demokratischen
Republik China einzusetzen.
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